IITR Datenschutz Blog

Warum jetzt der Wind?

21.08.2008

Die Politik hat den Datenschutz entdeckt, dem Mißbrauch sei dank.Man hat das Gefühl, es vergeht keine Stunde mehr, ohne dass auf Heise neue Namen auftauchen, die nun wissen, dass der Datenschutz in der aktuellen Form vielleicht doch die ein oder andere Verbesserungswürdigkeit aufweist – aktuell sind wieder ein paar dazu gekommen.

Zunehmend wundern sich Juristen und Datenschützer aber, wie es denn sein kann, dass jetzt plötzlich diese Aufmerksamkeit kommt – wo doch nur bekannt wird, was seit Jahren verbreitet wurde. Ich muss sagen, ich wundere mich auch: Vor allem über diejenigen, die da nun kund tun, sich zu wundern.


Auch wenn ich hier meine Kommentare gerne mal etwas provokanter schreibe und hin und wieder überrascht tue: So ein klein bisschen weiss ich schon, wie die politischen Automatismen funktionieren. Und ich habe in der Vergangenheit nicht ohne Grund – etwa hier oder hier – thematisiert und beispielhaft dargestellt, dass die Politik unterscheidet: Zwischen dem “Mißstand” einerseits und dem “bekannt gewordenen Mißstand” andererseits. Erst bei letzterem wird nämlich gehandelt (oder sagen wir besser “agiert”) – das gilt nicht nur beim Datenschutz, sondern bei jedem Thema.

Das Schema ist immer gleich: Ein Mißstand ist bekannt, teilweise über Jahre hinweg. Dann, von jetzt auf gleich, wird er in die Öffentlichkeit getragen über die Presse – und wenn es sich eine zeitlang hochgeschaukelt hat, geschieht etwas (ob nützlich oder nicht) und das Thema ist vorbei. Das Interessante ist dabei nicht zuletzt die Presse und die Wahlkampfzeit, die eine Rolle spielen. Wobei die Presse, die das Thema aufgreift natürlich auch eigene Interessen verfolgen kann, von Profilierung bis hin zu persönlichen (Rache-)Aktionen von Chef-Redakteuren.

Jetzt ist vor allem eines wichtig: Wir haben bald Wahlkampf, der Winter kommt und die Menschen haben wieder weniger Geld in der Tasche. DIe Tatsache, dass momentan durch die Presse geht, dass bis zu 6 Millionen kontodaten kursieren die den Menschen direkt ans Geld gehen können ist da einfach eine schlechte Ausgangsposition für Politiker. Der schon lange stattfindende Missbrauch hat die nötige Schwelle überschritten: Er wurde bekannt. Jetzt ist er auch für Politiker interessant, jedenfalls bis zum Herbst.
Nach 1-2 aktionistischen Maßnahmen werden dann andere Themen, allem voran die “K-Frage”, die zu steigen drohenden Arbeitslosenzahlen und frierende Menschen (etwa Dezember/Januar, so nach Weihnachten) die Presse dominieren.

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