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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Überwachung von Arbeitnehmern und Datenschutz

30.09.2017

IITR Information[IITR – 30.9.17] Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einem aktuellen Urteil (5.9.2017, Az. 61496/08) klargestellt, dass dem Arbeitgeber auch bei Untersagung der privaten Nutzung betrieblicher Kommunikationsmittel nicht das Recht zukommt, uneingeschränkt und nach freiem Belieben die Nutzung der Kommunikationsmittel zu überwachen.

Der Entscheidung war ein langjähriger Rechtsstreit vorausgegangen: im Jahr 2007 hatte ein Mitarbeiter in Rumänien auf betriebliche Veranlassung hin ein Chat-Programm installiert. Es wurde im Unternehmen zwar intern kommuniziert, dass rechtliche Schritte aufgrund der privaten Nutzung betrieblicher Kommunikationsmittel gegen andere Arbeitnehmer erfolgt seien – ein expliziter Hinweis auf die generelle und automatisierte Überwachung der betrieblichen Kommunikationsmittel erfolgte allerdings nicht.

Nachdem der Mitarbeiter das Chat-Programm auch für private (teils intime) Kommunikation genutzt hatte erfolgte die Kündigung des Arbeitnehmers. Dieser ging hiergegen rechtlich vor, allerdings vergeblich: die rumänischen Gerichte gaben dem Arbeitgeber recht; dieser habe aufgrund der vorliegenden Regelungslage das Recht, die Kommunikationsmittel zu überwachen. In 2008 wandte er sich daher an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und bat um Überprüfung der Entscheidung insbesondere im Hinblick auf Artikel 8 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (“Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens”). In 2016 urteilte die Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass eine solche Verletzung vorliegend nicht zu erkennen sei. Auf Antrag des Klägers wurde das Verfahren im Anschluss der Großen Kammer vorgelegt, die nun zu Gunsten des Klägers urteilte.

Zusammenfassend lässt sich das Urteil wie folgt zusammenfassen:

  • Arbeitgeber sind grundsätzlich gehalten, ihre Arbeitnehmer offen und transparent über durchgeführte Überwachungs- und Protokollmaßnahmen zu informieren, bevor diese durchgeführt werden.
  • Eine Überwachungsmaßnahme darf nicht anlasslos erfolgen. Auch bei verbotener Privatnutzung der betrieblichen Kommunikationsmittel muss eine Abwägung erfolgen, ob die konkrete Maßnahme angemessen ist.

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Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska

Über den Autor - Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska

Herr Dr. Sebastian Kraska gründete die IITR Datenschutz GmbH, die auf den Bereich des betrieblichen Datenschutzes spezialisiert ist und als Anbieter von Datenschutz-Management-Systemen mehr als 2.500 Unternehmen bei der Bewältigung datenschutzrechtlicher Anforderungen unterstützt.

Herr Dr. Kraska selbst ist als Rechtsanwalt ausschließlich im Datenschutzrecht sowie gemeinsam mit Regionalpartnern als externer Datenschutzbeauftragter tätig und betreut dabei Unternehmen und Behörden. Er ist zudem Beirat der Zeitschrift ZD des Beck-Verlages.

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