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BVerfG zur Videoüberwachung öffentlicher Plätze

03.03.2008

Ein Urteil des BverfG (1 BvR 2368/06) aus dem Februar 2007 möchte ich hier nochmal ausdrücklich festhalten. Es ging um die Videoüberwachung öffentlicher Plätze durch eine Stadt, dabei wurde sich auf eine Generalklausel (Art. 16 DSG Bay) gestützt. Das BVerfG hat dies als verfassungswidrig verworfen mit der Begründung, dass es sich bei einer solchen Maßnahme um einen intensiven Eingriff handelt:

Maßgebend für die rechtliche Beurteilung der Intensität eines Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist die Art der Beeinträchtigung. […] Verdachtslose Eingriffe mit großer Streubreite, bei denen zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, weisen grundsätzlich eine hohe Eingriffsintensität auf […]

Hinsichtlich dieser hohen Intensität gilt es, eine klare Gesetzesnorm zu verlangen, auf Generalklauseln darf dabei nicht abgestellt werden. Das BVerfG hält hierzu im Urteil (nicht zum ersten Mal) eindeutig und mit klarem Wortlaut fest:

Die Entscheidung über die Grenzen der Freiheit des Bürgers darf nicht einseitig in das Ermessen der Verwaltung gestellt sein […] dementsprechend soll der Grundsatz der Normenbestimmtheit und Normenklarheit sicherstellen, dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können […]

Im Ergebnis kommt das BVerfG zum (überzeugenden) Ergebnis, dass eine Kameraüberwachung nicht per se unzulässig ist, sehr wohl aber hohen Hürden unterliegt und zumindest eine klare und eindeutige Ermächtigungsgrundlage zu fordern ist:

Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Videoüberwachung öffentlicher Einrichtungen mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten und normenklaren Ermächtigungsgrundlage materiell verfassungsgemäß sein kann, wenn für sie ein hinreichender Anlass besteht und Überwachung sowie Aufzeichnung insbesondere in räumlicher und zeitlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Möglichkeit der Auswertung der Daten das Übermaßverbot wahren. Da es jedoch im vorliegenden Fall bereits an  einer hinreichend bestimmten und normenklaren Ermächtigungsgrundlage für die geplante Videoüberwachung fehlt, müssen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine derartige Überwachung hier nicht im Einzelnen bestimmt werden.

In NRW etwa existiert im §29b DSG NW eine Spezialnorm zur Videoüberwachung. Ob diese aber hinreichend bestimmt ist, dürfte gerade angesichts des weiten Ermessensspielraums im Rahmen des §29b I DSG NW eine  interessante Frage sein.

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