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Bundesregierung denunziert Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung?

17.12.2008

Unsere Bundesregierung. Immer am Puls der Zeit und ganz nah an den Sorgen der Bürger. Bei HIB ist doch allen ernstes zu lesen:

Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Speicherungspflichten von Daten keinen unzulässigen Einschüchterungseffekt erzeugen. Dies teilt sie in ihrer Antwort (16/11139) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (16/10952) mit. Ein solcher Einschüchterungseffekt sei auch früher nicht wahrgenommen worden, obwohl bereits vor der Einführung von Flatrates vergleichsweise viele Daten im Rahmen privatrechtlicher Vertragsverhältnisse zwischen Kunden und Telekommunikationsunternehmen gespeichert worden sind, für die gesetzliche Zugriffmöglichkeiten der Behörden bestanden.

Gut, der vernunftbegabte Mensch meint nun, dass der Hinweis auf die Flatrates sicherlich richtig ist. Dass es aber vielleicht ein Unterschied ist, heute darüber nachzudenken, nachdem es eine staatliche Pflicht ist zu speichern und nachdem es offensichtlich ist, dass der Staat nun verstärkt zugreifen möchte auf diese Daten. Vielleicht ist die Situation heute nunmal anders als “früher”, gerade wegen der öffentlichen Thematisierung, heute weiss man einfach, was Kommunikationsdaten sind – nämlich Verdachtsmomente.

Wer nun halbwegs auf dem laufenden ist, der wird sich erinnern, dass es ja eine Forsa-Umfrage gegeben hat (hier zu finden), die nun genau das Gegenteil aussagt. Die Fragesteller haben die Bundesregierung auf eben diese Umfrage hingewiesen – also wie entkräftet die BReG die Ergebnisse der Umfrage nun? Ich zitiere mal:

Die Bundesregierung erinnert daran, dass die in Bezug genommene Meinungsumfrage nach Angaben des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung von diesem, dem eco-Verband der deutschen Internetwirtschaft, dem Deutschen Fachjournalisten- Verband und der JonDos GmbH in Auftrag gegeben wurde. Die
Webseite des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung suggeriert indessen beispielweise, dass die gespeicherten Daten dem Staat ohne weiteres, also ohne das Dazwischentreten weiterer Befugnisnormen zur Verfügung stünden. […]

Damit wird durch unrichtige und verzerrende Darstellungen erst der Effekt erzeugt, der dem kritisierten Gesetz unterstellt wird (vgl. dazu Rath, „Aus Angst wird weniger telefoniert“, die tageszeitung vom 6. Februar 2008, S. 3: „Die Umfrage ist also eher einBeleg dafür, welche Folgen die übertriebene Öffentlichkeitsarbeit der Kritiker haben kann.“).

Mal deutlich: Der AK VDS ist also Schuld. Der verunsichert nämlich die Öffentlichkeit gezielt mit Fehlinformationen und denunziert die Bundesregierung. Der AK VDS ist hier der Böse und wo ich es lese (In der Antwort der BReG ab Seite 6 a.E.) fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Wir haben wieder einen Zeitpunkt erreicht, an dem Bürgerrechtler von einer rechtsstaatlichen Regierung als “Täter” bezeichnet werden. Bei aller Dramatik, die ich in diesem Blog gerne wähle: Das was hier zwischen den Zeilen steht ist kein benehmen für eine Bundesregierung, die ihre Kritiker ernst zu nehmen hat.

Dazu auch Lesenswert: Hal Faber (Absatz 3).

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2 Kommentare zu diesem Beitrag:

Peter

Fakt ist, dass Richter deutlich häufiger den Zugriff auf Verbindungsdaten von Telefon- und Internetkommunikation gestattet haben.

Der Verweis auf das frühere Vorgehen ist eine Ablenkung und zudem in diesem Zusammenhang nicht passend. Früher wurden Verkehrsdaten und Dienstleistungsmerkmale gespeichert, um Unstimmigkeiten im Rahmen besagter privatrechtlicher Vertragsverhältnisse zu klären. Heute geht es bei der Auswertung der Daten um die Einsicht in das Verhalten von Kunden. Damit ist sowohl die Qualität als auch der Nutzungszweck der gespeicherten Daten anders und deshalb der Verweis zu früher nicht passend.

Wenn es also heisst, das Sammeln von Daten wecke auch immer Begehrlichkeiten, so scheint dies zu stimmen. Wenn also die Zugriffshäufigkeit steigt, so scheint es mir nicht plausibel, dass dies einen Beruhigungseffekt bewirkt - ganz im Gegenteil.

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