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Die kleine Welt kommt näher

18.12.2008

Wenn man diesen Artikel bei Heise liest, sollten kleine Alarmglocken angehen:

Von dieser Idee (Kleine-Welt-Phänomen) ließ sich nun Marian Boguna von der Universität Barcelona inspirieren. Er konnte erstmals zeigen, dass sich dieser Ansatz auch auf Internet-ähnliche Netzwerke anwenden lässt. In einem Aufsatz, der in der Fachzeitschrift “Nature Physics” veröffentlicht wurde, demonstrierte er zusammen mit seinem Team, dass sich aus der Theorie ein Protokoll erstellen lässt, das Router die verlässliche Weiterleitung von Informationen ermöglicht, ohne zu viele Daten über das Gesamtnetzwerk zu besitzen. Dabei orientiert sich der Router unter anderem am physischen Ort sowie jenen Daten, die zuletzt erfolgreich übertragen wurden. Das Ergebnis: Die Routing-Tabelle konnte signifikant verkleinert werden. Boguna will seine Technik bald in einer echten Internet-Simulation testen.

Ich rate nochmals dazu, den Artikel bei Wikipedia zum Thema zu lesen. Und auch die Kritik nicht nur überfliegen 😉

Das Phänomen mag ich und habe damit an sich kein Problem, das ist hier nicht das Thema. Ich sehe vielmehr an einer anderen Stelle eine Gefahr: Es ist, gerade in einer zunehmend vernetzten Welt die von einfacher und kostengünstiger Kommunikation geprägt ist, zu erwarten, dass das “Kleine-Welt-Phänomen” zunehmend Realität wird – die Ansätze der Kritik werden ja heute gerade ausgehebelt durch die Telekommunikation. Der Artikel bei Heise, die Idee das Internet-Routing durch dieses Erscheinungsbild zu optimieren, spricht ja ebenfalls für eine gewisse zunehmende Praxisnähe.

Unser sicherheitspolitisches Denken aber ist immer noch im letzten Jahrhundert verwurzelt und setzt vor allem an einem Punkt an: Den Kontakten. Wer Kontakte zu einem “Verdächtigen” hat, läuft Gefahr sehr schnell selbst zum “Verdächtigen” zu werden. Noch vor 100 Jahren war dieses Denken auch so falsch nicht – heute ist es zunehmend fatal. Mein Standardbeispiel ist eBay: Weiss man heute noch, welchem Verkäufer man dort noch vor Wochen mal eine Frage gestellt hat (und somit in seinen Mails vielleicht auftaucht)?

Eine grosse Gefahr lauert an diesem Punkt: Je stärker das “Kleine-Welt-Phänomen” von der Theorie zur Praxis mutiert, umso stärker muss der Kontakt als Moment zur Verdachtsgewinnung schwinden. Einen Schritt weiter muss man auch Fragen, ob aufgrund der hohen Abstraktheit unserer Daten (Stichwort: identitätsdiebstahl) reine Datenspuren heutzutage überhaupt noch grundsätzlich zur Verdachtsgewinnung geeignet sind. In Zeiten, in denen wir Fingerabdrücke nachahmen können, sind selbst diese Spuren zunehmend kritisch zu betrachten.

Das nur als Gedankenanstoß vor den Feiertagen.

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