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Datenschutz und Facebook Like Button: Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages veröffentlicht

22.10.2011

Im Zuge der kürzlich aufgekommenen Diskussion um den datenschutzrechtlich zulässigen Einsatz des Facebook Like Buttons hatte der FDP-Bundestagsabgeordnete Sebastian Blumenthal die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages um ein Gutachten in der Sache gebeten. Insbesondere sollte hierbei geprüft werden, “ob von Seiten des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) mit Abmahnungen gegen Webseitenbetreiber vorgegangen werden dürfe, sofern diese Social Plugins auf ihren Seiten eingebunden haben.” Nun wurde das Gutachten im Internet veröffentlicht.

Im Fazit des Gutachtens heißt es hierbei:

“Das ULD zieht auf Grundlage seiner technischen und rechtlichen Analyse die Schlussfolgerung, dass das Betreiben von Facebook Fanpages sowie die Einbindung von Social-Plugins zwangsläufig zu Datenschutzverstößen führt und fordert die Webseitenbetreiber daher dazu auf, entsprechende Angebote zu entfernen. Tatsächlich bestehen an der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit dieser Anwendungen erhebliche rechtliche Zweifel. Aufgrund der komplexen und unübersichtlichen Rechtslage sowie der Schwierigkeit einer zutreffenden Einordnung der technischen Abläufe ist eine abschließende datenschutzrechtliche Bewertung aus hiesiger Sicht jedoch nicht möglich.

Festzuhalten ist Folgendes: Das Gutachten des ULD übergeht an einigen Stellen bestehende Streitigkeiten zur Beantwortung datenschutzrechtlicher Fragestellungen. Zudem ist die rechtliche Bewertung teilweise lückenhaft und nicht durchgängig nachvollziehbar. So wird zunächst der Personenbezug von IP-Adressen und auch Cookies entgegen der Darstellung der Verfasser des Arbeitspapiers nicht einhellig beantwortet. Vielmehr herrscht Streit über die Anforderungen an die Bestimmbarkeit einer Person. Das ULD blendet somit eine seit vielen Jahren kontrovers diskutierte Frage aus.

Im Hinblick auf die zur Verantwortlichkeit von Webseitenbetreibern gemachten Feststellungen erscheint jedenfalls die Begründung einer Auftragsdatenverarbeitung nach § 11 BDSG und einer daraus resultierenden Verantwortlichkeit der Webseitenbetreiber für die durch Facebook erstellten Statistiken nicht nachvollziehbar. Eine Verantwortlichkeit von Facebook Nutzern ist zudem entgegen der Bewertung des ULD wohl jedenfalls dann abzulehnen, wenn diese gleichzeitig Betroffene i. S. d. Datenschutzrechts sind und lediglich Daten zu ihrer eigenen Person verarbeiten.

Im Rahmen der Darstellungen zum anwendbaren Recht geht das ULD ohne Weiteres davon aus, dass all solche Daten, die nicht als Bestands- oder Nutzungsdaten i. S. d. TMG zu qualifizieren sind, als Inhaltsdaten dem Anwendungsbereich des BDSG unterliegen. Wie dargestellt, sind nach einer anderen Ansicht solche Daten jedoch zur Wahrung der Einheitlichkeit des Telemedienschutzes ebenfalls nach § 15 TMG zu behandeln. Den Ausführungen zur Zulässigkeit der Datenverarbeitung ist im Ergebnis wohl zuzustimmen. Im Hinblick auf die Informationspflichten von Webseitenbetreibern geht das ULD davon aus, dass insoweit der Anwendungsbereich des § 5 TMG eröffnet ist. Wie dargestellt, lässt sich im Einzelfall bei entsprechender Begründung jedoch auch eine abgeschwächte Impressumspflicht nach § 55 RStV begründen. Insgesamt hängt die Bewertung der durch das ULD gemachten Ausführungen zu Informationspflichten und Datensicherheit davon ab, inwieweit man die Verwender von SocialPlugins als verantwortliche Stellen betrachtet.

Die Frage möglicher Konsequenzen für Webseitenbetreiber lässt sich im Ergebnis nicht eindeutig beantworten. Nach hiesiger Auffassung dürfte das Landesinnenministerium für die Verhängung von Bußgeldern nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 TMG zuständig sein.

Im Übrigen geht das ULD in seiner Beurteilung überwiegend von vertretbaren Rechtsauffassungen aus, jedoch ist der durch das ULD erweckte Eindruck, die untersuchten Sachverhalte würden eindeutig gegen geltendes Datenschutzrecht verstoßen, unzutreffend. Vielmehr ist das geltende Datenschutzrecht von Unsicherheiten geprägt und macht die eindeutige Beantwortung rechtlicher Fragen in diesem Bereich schwer. Eine gerichtliche Beurteilung der untersuchten Sachverhalte steht bislang aus.

Die zur Frage der Personenbezogenheit einer IP-Adresse auch in der Rechtsprechung vertretenen verschiedenen Auffassungen machen zudem deutlich, dass selbst im Falle einer richterlichen Entscheidung nicht von einer endgültigen Klärung datenschutzrechtlichen Kontroversen ausgegangen werden kann. Es kann daher keine abschließende Empfehlung hinsichtlich einer Entfernung der durch das ULD als datenschutzrechtlich unzulässig bewerteten Angebote gegeben werden.”

Autor:
Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska, externer Datenschutzbeauftragter

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Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska

Über den Autor - Rechtsanwalt Dr. Sebastian Kraska

Herr Dr. Sebastian Kraska gründete die IITR Datenschutz GmbH, die auf den Bereich des betrieblichen Datenschutzes spezialisiert ist und als Anbieter von Datenschutz-Management-Systemen mehr als 2.500 Unternehmen bei der Bewältigung datenschutzrechtlicher Anforderungen unterstützt.

Herr Dr. Kraska selbst ist als Rechtsanwalt ausschließlich im Datenschutzrecht sowie gemeinsam mit Regionalpartnern als externer Datenschutzbeauftragter tätig und betreut dabei Unternehmen und Behörden. Er ist zudem Beirat der Zeitschrift ZD des Beck-Verlages.

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